Deutschland: Mobilfunk im Wandel

Wie sich die deutsche Netzstruktur verändert

Die Preise für Verbraucher sinken und das Datenvolumen steigt – so zumindest sieht die Idealvorstellung aus, wenn die Anbietervielfalt in der deutschen Netzinfrastruktur größer wird. Der bisherige Provider 1&1 Drillisch wird bald ein eigenes Netz betreiben. Zudem wird der Druck auf das konventionelle Netz durch Satellitentechnik stärker – alles zum Wohl der Verbraucher?

Seit 2014: Drei deutsche Netzbetreiber

In Deutschland gibt es derzeit drei Netzbetreiber: Die deutsche Telekom, Vodafone und o2 Telefónica. Vor bald sieben Jahren übernahm o2 Telefónica den bis dahin vierten Netzbetreiber E-Plus. Die Fusion zog sich über mehrere Jahre, inzwischen wurde das Netz aber vollständig in die bestehende Infrastruktur von o2 integriert.

Ein kurzer Ausflug in die Entstehungsgeschichte des Mobilfunks in Deutschlands: Im Jahr 1989 fanden erstmalig Ausschreibungen zur Vergabe von Mobilfunklizenzen statt. 1992 eröffnen die Mannesmann Mobilfunk GmbH (heute Vodafone) mit der Marke D2 und die Deutsche Telekom mit T-D1 den mobilen Netzstart in Deutschland. Zwei Jahre später folgt E-Plus als dritter Netzbetreiber auf dem deutschen Markt. Der heute als o2 bekannte Anbieter tritt in Deutschland erstmalig 1997 in Erscheinung. Damals heißt die Marke noch Viag Interkom. Es werden Lizenzen für ein eigenes Netz erworben, im darauffolgenden Jahr geht das vierte Netz in Deutschland an den Start.

1&1 Drillisch wird neuer Netzbetreiber

Mit der 1&1 Drillisch AG bekommt Deutschland wieder einen vierten Netzanbieter. Bisher traten die Marke 1&1 sowie die diversen Drillisch-Tochterunternehmen wie z.B. smartmobil oder PremiumSIM als Mobilfunkprovider in den Netzen von o2, Vodafone und der Telekom auf. Vor allem im Netz von o2 waren die Marken vertreten – hier sicherte sich Drillisch 2014 eine Netzkapazität von 30 Prozent für die eigene Kundschaft. In 2019 hat 1&1 Drillisch im Rahmen der offiziellen Frequenz-Versteigerung der Bundesnetzagentur eigene 5G-Frequenzen erworben und so die Grundlagen für eine eigene Netzinfrastruktur aufgestellt.

Doch mit 5G alleine lässt sich aktuell kein deutschlandweit flächendeckendes Mobilfunknetz betreiben. Deshalb hat das Unternehmen Anfang des Jahres einen Vertrag zur Kooperation mit o2 Telefónica unterzeichnet. Das sogenannte National Roaming Agreement sieht vor, dass 1&1 Drillisch-Kunden auch ohne eigene Netzabdeckung nicht ohne Empfang dastehen. Wird also der Bereich der eigenen Sendemasten verlassen, loggt sich das Smartphone automatisch in die nächste Mobilfunkstation von o2 ein. Drillisch-Kunden wird damit eine deutschlandweite Netzabdeckung ermöglicht. Der Vertrag galt ab 1. Juli 2020 für fünf Jahre, wobei die Option besteht die Vereinbarung zweimal zu verlängern. Die erste Option würde die Vertragslaufzeit bis 2029 erweitern. Ob diese Maßnahme gezogen wird, hängt wohl vor allem davon ab, wie schnell 1&1 Drillisch den eignen Netzausbau vorantreiben kann.

Was verändert sich?

Nach der Übernahme von E-Plus durch o2 Telefónica hat sich die Anzahl der Netzbetreiber in Deutschland auf drei verringert. Ein Schritt, der auch vom deutschen Kartellamt intensiv begleitet wurde. Die Monopolisierung des deutschen Mobilfunkmarkts liegt natürlich nahe. Doch jetzt wird der Markt wieder breiter gemacht. Die 1&1 Drillisch AG, bisher nur als Provider tätig, baut ein eigenes Mobilfunknetz auf.

Für die deutschen Verbraucher heißt das im Bestfall: niedrigere Preise und größere Leistungsumfänge im Bereich Datenvolumen und Surfgeschwindigkeit. Allerdings wird es einige Jahre dauern, bis die Kundschaft diese Effekte genießen kann – wenn sie denn überhaupt eintreten. Denn ein Mobilfunknetz lässt sich nicht über Nacht errichten. Die Installation der nötigen Infrastruktur wird einige Zeit in Anspruch nehmen, auch wenn 1&1 Drillisch zunächst weiterhin das o2-Netz mitnutzen wird.

1&1 Drillisch ist nicht das erste Unternehmen, das den Angriff auf die etablierten Netzbetreiber startet. Anfang der 2000er errichteten Quam und mobilcom-debitel eigene Netzstrukturen. Allerdings hielten sich die Projekte nur kurz und wurden schnell wieder auf Eis gelegt. Allerdings hat sich die 1&1 Drillisch AG und die dahinterstehende Gesellschaft United Internet im letzten Jahrzehnt eine immer stärkere Position im deutschen Mobilfunkmarkt erwirtschaftet und den Schritt zum eigenen Netz lange geplant. Der deutschen Netzinfrastruktur und auch den Verbrauchern ist es also zu wünschen, dass das Vorhaben gelingt und sich der Anbieter langfristig behaupten kann.

StarLink: Konkurrenz aus dem All

Entrepreneur, Medienkoryphäe und aktuell reichster Mann der Welt – Elon Musk ist auch 2021 in aller Munde. Mit seinem Raumfahrtunternehmen SpaceX plant der Multimilliardär großes. Schon bald soll Weltalltourismus möglich werden und Privatpersonen die Erde aus kilometerweiter Entfernung betrachten können.

Doch nicht nur der Transport von Personen ins Weltall ist bei SpaceX in Planung. Auch die Installation von Internet-Satelliten wird fleißig vorangetrieben. Unter dem Namen Starlink läuft das Großprojekt, bei dem mit der Hilfe von zahlreichen Satelliten eine Internet-Infrastruktur für die ganze Welt geschaffen werden soll. Bereits 1081 von diesen Sendestationen hat das Unternehmen bis Ende Februar 2021 im Erdorbit installiert. Genehmigungen in Höhe von 11.927 Satelliten bis zum Jahr 2027 hat Starlink erhalten. Allerdings wurden vom Unternehmens bereits neue Anträge für 30.000 weitere Satelliten eingereicht.

Seit Anfang Februar dieses Jahrs nimmt Starlink Vorbestellungen für Zugänge zum eigenen Satelliten-Internet entgegen. Auch in Deutschland kann für einmalig 99 Euro eine Pre-Order getätigt werden. Die Teilnahme an früheren Beta-Tests war nur für Interessenten aus den USA, Kanada und Großbritannien möglich. Leider ist der Preis noch nicht so heiß wie die Zukunftsvision: Insgesamt 500 Euro werden als Einmalzahlung fällig (abzüglich der 99 Euro Vorbestellungsgebühr) und monatlich sind 99 Euro zu zahlen. Für die stattliche Gebühr sollen Nutzer mit bis zu 100 Mbit/s im Download und 10 Mbit/s im Upload surfen. Die, aufgrund der großen Entfernung zum Satelliten, eigentlich schwierig niedrig zu haltende Latenz soll nur bis zu 31 Millisekunden betragen. Die Auslieferung der Hardware soll dann in der zweiten Hälfte 2021 erfolgen.

Das Modell kann in den kommenden Jahren definitiv zur ernsten Konkurrenz für die deutschen Netzbetreiber werden. Nicht nur für den DSL- und Kabelmarkt, sondern auch im Mobilfunkbereich. Bis Starlink allerdings ausreichend Kapazitäten aufweist und ein marktfähiges Abo-Modell vorzeigen kann, wird es noch einige Zeit dauern.